Spiegel im Spiegel
(für Max)
Du siehst in das Gesicht eines
Menschen, etwas flammt auf, eine Art Wiedererkennen.
Du siehst in seine Augen wie in
einen Spiegel, sie reflektieren das Schönste. Das Schreckliche, wovor du dich
immer gefürchtet hast.
Etwas in dir beginnt zu glühen,
langsam aber stetig. In deinem Inneren.
Es ist warm. Du fürchtest dich
nicht.
Er sieht in deine Augen. Er nennt
deinen Namen.
Du siehst: das olivgrün seiner
Iris, seinen roten großen lachenden Mund, den leicht hervorstehenden Zahn neben
seinem rechten Schneidezahn.
Spiegelverkehrt.
Ihr beginnt euch zu umkreisen, sehr
vorsichtig und tastend, nie lasst ihr euch dabei aus den Augen, immer gibt es
einen Blick, auch wenn er im Boot hinter dir sitzt und du nur noch das Eintauchen
des Paddels hörst.
Das kurze Zurückschauen, das Sich-
vergewissern, das Unsichere, das aus der Angst entsteht nicht mehr gesehen zu
werden.
Mit dem Blick holst du dich zurück.
Du fängst etwas auf. Du nimmst etwas auf, du reflektierst sein Licht, er
reflektiert dein Licht.
Am Bug des Bootes ein unsichtbarer
Vogel. Ein Schatten, der vorbeifliegt. Sich setzt. Atmet.
Ein Gesicht, das sich stetig
wandelt. Ein Mann und eine Frau. Der
kleine Junge mit der gekräuselten Nase, wenn er schallend lacht. Ein alter
Mann. Auch ein Mädchen, welches sich schüchtern unter dir bewegt. Welches dich
ansieht aus großen, fragenden Augen.
Ein Kuss so sanft wie nur was!
Schweigen.
Wenn du in den Spiegel schaust ist
dir, als hätten Salzkristalle die Farbe deiner Iris heller gewaschen. Als hätte
sich reine Kreide über die Farben gelegt.
Du siehst ihn an und siehst etwas
in dir, was verborgen war. Schlafend.
Den Spiegel im Spiegel.
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