Dienstag, 3. März 2015

Der Spiegel


Ich war etwa sechs oder sieben Jahre alt. Ich ging durch unseren Flur. Es war Mittag, es war Sommer. Ich war allein zu Haus.
Am Ende des Flurs gab es eine drei stufige Treppe die in einen kleineren Flur führte. An der Wand des kleineren Flurs hing ein Spiegel in einem eckigen Holzrahmen. Man konnte sich darin ansehen, wenn man die Treppe hinunter lief.
An diesem Mittag ging ich also den Flur entlang. Ich lief aber nicht, wie sonst, die Treppen hinunter, sondern blieb auf der zweiten Stufe der Treppe stehen. Ich sah mich sehr lange im Spiegel an. Ich betrachtete ausführlich mein Gesicht und sah in meine Augen. In meiner Erinnerung ist das der Moment gewesen, in dem ich zum ersten Mal einen Begriff von „Das bin ich“ hatte. Und dass ich sterblich war. So wie meine Mutter und mein Vater und mein Bruder sterblich waren.
Dieses Gefühl, was ich dabei hatte ist bis heute in meinem Körper, wenn ich daran denke: es ist eine Angst, die bodenlos ist. Ein freier Fall.

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