All the rivers run into the sea;
yet the sea is not full;
unto the place from whence the rivers come,
thither they return again.
It is raining today
in the mountains.
It is a warm green rainBirds happen music
with love
in its pockets
for spring is here,
and does not dream
of death.
like clocks ticking heaves
in a land
where children love spiders,
and let them sleep
in their hair.
A slow rain sizzles
on the river
like a pan
full of frying flowers,
and with each drop
of rain
the ocean
begins again."
(aus: Richard Brautigan "The Return of the Rivers")
Gestern war ich an deinem Grab. Ich
war bisher nur einmal dort, das ist Jahre her, so dass ich nicht mehr wusste,
wo dein Grab war, nur ungefähr wo. Ich wusste noch, dass du kein Grabstein
hattest oder bilde ich mir das ein?
Immer wenn ich nach G. komme und in
diese Stadt rein fahre, möchte ich kotzen.
Es überfällt mich augenblicklich
eine Schwere und eine komatöse Müdigkeit. Die Häuser, die Straßen, die
Menschen- alles ist Sumpf. Und ich frage mich ist es deshalb, weil ich hier oft unglücklich war und das Unglück mich wie eine
alte Bekannte sofort begrüsst oder ist die Stadt wirklich so übel, wie sie
rüberkommt?
Ich hatte mal einen Schamanen
kennengelernt. Wir fuhren mit dem Auto über die Landstraßen und als wir kurz
vor der Stadt waren, sah er mich an und sagte, dass er tausende unerlöste
Seelen sieht, wie sie dunkel und schwer über der Stadt hängen. Ich glaubte ihm
sofort!
Ich hatte mir nicht vorgenommen,
dich dieses Mal zu besuchen. Das wollte ich ja schon oft und habe es immer
wieder verschoben.
Gestern dann fuhr ich einkaufen mit
dem Auto meiner Mutter. Es war kalt, aber die Sonne schien ein bisschen.
Schon als ich aus dem Auto stieg
und über den Parkplatz zum Supermarkt lief, glotzten die Leute mich an, als
käme ich von einem anderen Stern. Einige blieben sogar stehen und drehten sich
nach mir um. Sie sahen mich an aus gehässigen, bitteren Gesichtern. Zombies in beige-
und graufarbenen Jacken!
Ich kaufte ein für das Mittagessen,
das ich kochen wollte und rote Tulpen.
Als ich wieder im Auto saß wusste
ich, dass ich jetzt zu dir fahren würde. Heute war der Tag. Ich wollte mich
nicht noch einmal drücken.
Ich hielt auf dem schmalen Parkstreifen
vor dem Friedhof. Als ich durch das Friedhofstor trat, beschleunigte sich mein
Herzschlag augenblicklich. Ich war aufgeregt, wie vor einem Date mit dir.
Es begann zu schneien. Der
Friedhofsgärtner fuhr an mir vorbei mit allerlei Geäst auf dem Anhänger. Ich
lief ihm hinterher, um zu fragen wo du liegst. Ich hatte Angst, dich nicht mehr
zu finden. Der Friedhofsgärtner war jung, vielleicht fünfundzwanzig. Seine
Wangen glühten rot von der Kälte. Er trug keine Mütze, nur eine Latzhose und
eine wattierte Jacke. Ich nannte ihm deinen Namen und er schüttelte mit dem
Kopf: Sagt mir nichts. Ich erzählte
ihm, dass ich vor vielen Jahren hier war und dich links oben hinter dem kleinen
Hügel vermutete. Ich fragte ihn, ob es einen anonymen Friedhofsteil gibt, denn
ich erinnerte mich plötzlich an deinen Wunsch, anonym begraben zu werden. Das
hattest du in deinem letzten Brief geschrieben.
So
was ham wir hier nicht, sagte der Gärtner und lächelte mich freundlich an.
Ich konnte mir vorstellen, dass deine Eltern das auch nicht übers Herz gebracht
hätten.
Der Gärtner ging in ein kleines
Häuschen, wahrscheinlich das Büro, er schlug deinen Namen nach und kam wieder
heraus, machte den Motor seines Autos aus und ging schweigend vor mir her, um
mich zu dir zu bringen. Seine Schritte waren groß und ich hatte Mühe mit ihm
mitzuhalten.
Die roten Tulpen hielt ich fest in
der Hand. Wir liefen den Hauptweg entlang, dann links, so wie ich gedacht
hatte. Wir liefen durch die Reihen und ich wusste: Hier bist du nicht. Mein
Herz schlug sehr gleichmäßig. Der Gärtner stellte sich wieder auf den Hauptweg
und rief laut den Namen eines Mannes in die Stille. Mein Chef. Er sah mich an und lächelte wieder so freundlich. Ich
fragte mich, wo er sein sollte, denn ich sah niemanden. Weder auf dem Weg, noch
zwischen den Gräbern. Mittlerweile schneite es so stark, dass auch die letzten Besucher
gegangen waren. Ein paar Minuten später, tauchte ein Mann auf. Er nickte mir zu
und ich sagte, dass ich dich suchen würde. Er nickte und brachte mich sofort zu
dir. Je näher ich dir kam, desto schneller schlug mein Herz. Du lagst da, wo
ich dich vor zwanzig Jahren das einzige und letzte Mal besucht hatte.
Wusste der Mann von dir? Kannte er
deine Geschichte? Reimte er sich zusammen, wer ich war?
Und dann stand ich da vor deinem
Grab. Es sah schön aus. Wie ein Bett mit einer Buchshecke drum herum .
Weidenkätzchen über dem Stein, auf dem nur dein Vorname steht. Du hattest so
einen schönen Namen! Einen Namen, der so gut zu dir passte. Die Weidenkätzchen
also über deinem Kopf. Moos als Decke über deinem Körper. Die Bepflanzung sah
aus wie ein Körper. Hatte deine Mutter es so gedacht? Ich legte die Tulpen auf
dein Herz.
Na klar musste ich weinen! Ich
stellte mir vor, meine Tränen fielen wie im Märchen auf die gefrorene Erde und
tauen dich auf da ganz tief unten. Ich fühl mich dir immer noch nah. Auf einmal
bin ich wieder fünfzehn. Ich spreche mit dir ohne mir blöd dabei vorzukommen.
Ich schaue zu dir herunter und dann in die chaotischen Flocken. Mir ist nicht
schwer. Mir ist plötzlich ganz leicht.
Als ich gehe hört es auf zu
schneien. Ich laufe den Hauptweg entlang und drehe mich noch einmal um, um mir
deinen Platz zu merken. Du liegst hinter den „zwei Schwestern“ so nenne ich die
hohen, langen Bäume. Und ich weiß, dass ich dich jederzeit wieder finden kann.
Das beruhigt mich.
Es ist, als bist du jetzt ein
bisschen bei mir. Ich bilde mir ein, deine Anwesenheit zu fühlen oder die
Sehnsucht danach.
Würden wir uns noch kennen, wenn du
noch da wärst?
Du wärst jetzt sechsunddreißig. Ein
Jahr älter als ich.
Ein sehr beeindruckender Text, der tief unter die Haut geht... mehr dazu kann ich gerade nicht schreiben, ich bin zutiefst berührt...
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